Faszien benötigen mechanische Belastung, um belastbar, elastisch und geschmeidig zu sein. Für eine erfolgreiche Schmerztherapie genügt die rein strukturelle Herangehensweise jedoch häufig nicht aus. Bei chronischen myofaszialen Schmerzzuständen spielt die Interozeption - die Innenwahrnehmung - eine bedeutende Rolle. Hochspannend was die aktuelle Faszienforschung diesbezüglich beiträgt, denn die Interozeption wird massgeblich über die faszialen Rezeporen im kollagenen Netzwerk gesteuert. Psychischen Belastungen wie Stress und Trauma führen zu einer Entzündungskaskade innerhalb der Kollagengewebe. Zudem ist seit einigen Jahren mehr über die komplexe Verbindung zwischen Faszien und dem vegetativen Nervensystem bekannt. Als Schnittstelle zur emotionalen Befindlichkeit verbunden mit pathologischen Veränderungen der Gewebearchitektur und Schmerzwahrnehmung. In dieser Weiterbildung geht es speziell um das chronische Beckenschmerzsyndrom und einen auf die Komplexität der Thematik abgestimmten integrativen Therapieansatz. Zum einen kommen relevante Aspekte aus dem Faszientraining zur Anwendung, die lokal und weiträumig die Fehlspannung im kleinen Becken lösen. Zum anderen geht es um therapeutische Interventionen, die über eine achtsamkeitsbasierte Interozeptionssteuerung eine gesunde Stressverarbeitung und Schmerzreduktion nachhaltig fördern.
Theorie
• Die sensorische Innervation der Faszien. Differenzierung zwischen Propriozeption und Interozeption
• Sensitivität, neurophysiologische Auswirkungen und Stimulation der jeweiligen Rezeptoren
• Wechselwirkungen zwischen Faszienspannung, autonomen Nervensystem und emotionalem Stress
• Faszien und Interozeption: Einfluss von viszeralen und subkutanen Mechanorezeptoren auf das Körperbild
• Psychoemotionale Auswirkungen von traumatischen Erlebnissen und Faszien als Schmerzauslöser
• Myofasziales Beckenschmerzsyndrom bei Mann und Frau. Ursachen, Hintergründe und medizinischer Ansatz
• Die Bedeutung der somatischen Marker und der faszial gesteuerten Wahrnehmung
• Die polyvagale Theorie nach Prof. Stephen Porges und Implikationen für die therapeutische Praxis
• Körperorientierte Interventionen der posttraumatischen Belastungsstörung nach Dr. Peter Levine
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Praxis:
• Spezifische Stimulierung der jeweiligen Mechanorezeptoren über Bewegung
• Fasziale Dehnungen mit Hinblick auf deren anti inflammatorische Wirkung, Rehydration und Regeneration
• Werkzeuggestützte Selbstbehandlungstechniken zum Lösen von faszialen Kontrakturen im kleinen Becken
• Positional Release Techniken als nicht invasive Intervention mit dem autonomen Nervensystem
• Vagus Training über Atem, Bewegung und interozeptiv gesteuerte Stimulation
• Ressourcenorientierte therapeutische Begleitung über das ‚Tracking’ der somatischen Marker
• Achtsamkeitsbasierte Meditationen, geführte Entspannungsübungen und Neuroimagination
Zur Vorbereitung erhalten die Teilnehmer*innen Zugang zu einem Webinar mit Dr. Robert Schleip
Zur Nachbereitung erhalten die Teilnehmer*innen Video Mitschnitte der praktischen Einheiten mit Divo G. Müller